Das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat vorgezogene Baumaßnahmen zur Errichtung der Biomethananlage Pessin genehmigt.  Es ist die siebente Biogasanlage im Kernlebensraum der Großtrappen im Havelländischen Luch.  Damit wird der Maisanbau, dessen Flächenanteil in diesem Gebiet bereits jetzt deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt, weiter forciert. Wieder eine Genehmigung, die vor allem auf den Standort der Anlage fixiert ist. Die großflächige Schädigung des Lebensraumes durch den Anbau des Energieträgers Mais auf Hunderten Hektar im Umfeld der Anlage wird jedoch ignoriert. So als würde man den Bau eines Kraftwerkes zur Verstromung von Braunkohle genehmigen, die Auswirkungen des dazu gehörenden Tagebaus jedoch ausklammern.

Für Großtrappen sind Maisäcker als Brut- und Äsungsfläche ganzjährig wertlos. Jeder Hektar Mais, der in ihrem Lebensraum zusätzlich angebaut wird, schränkt seine Funktion ein, bis hin zu völligem Lebensraumverlust. Selbst die seit 1988 mit hohem finanziellem Aufwand angelegten und chemiefrei unterhaltenen „Trappenstreifen“, sind für die Tiere nicht mehr nutzbar, wenn sie von meterhohen „Maiswänden“ umgeben sind.

Die Großtrappe hat in Deutschland 99 % ihres Lebensraumes und ihres Bestandes verloren (Tiefpunkt 1996/97: 55 Exemplare).  Jede Verringerung des Restlebensraumes verschlechtert die Lebensbedingungen des Gesamtbestandes. Aktuell betrifft es hier wichtige, seit Jahrzehnten kontinuierlich genutzte Wintereinstände der Großtrappen. Ein Ausweichen auf andere Flächen ist nur sehr begrenzt möglich, denn nur ein geringer Teil der Rapsflächen entspricht den Ansprüchen der Trappen (unzerschnittene Weiträumigkeit, Relief, geringe Störungen, ausreichendes, auch im Winter gut erlangbares Futter). Das belegen die von den Tieren traditionell ausgewählten Winteräsungsflächen .  Mit dem Maisanbau für die Biogasanlage Pessin wird dieser ausgezeichnete Wintereinstand ernsthaft gefährdet. Eine Beeinträchtigung, ein Lebensraumverlust  für den es keinen Ersatz und keinen Ausgleich gibt!

Beobachtungen von Großtrappen der letzten drei Jahre im Bereich der im Bau befindlichen Biogasanlage Pessin.
Beobachtungen von Großtrappen der letzten drei Jahre im Bereich der im Bau befindlichen Biogasanlage Pessin. Zum Vergrößern auf das Kartenbild klicken.

Der seit 1998 deutliche Bestandszuwachs der Großtrappen auf 150 Exemplare ist in erster Linie das Ergebnis des erfolgreichen  Aufzucht- und Auswilderungsprogramms der Staatlichen Vogelschutzwarte Buckow und des Fördervereins Großtrappenschutz e.V.. Er täuscht darüber hinweg, dass die Jungtrappen in einen für sie ungeeigneten, ständig kleiner werdenden Lebensraum gesetzt werden, in dem sie aus eigener Kraft kaum Überlebenschancen haben. Um auf diese kritischen Situation aufmerksam zu machen, hat der Förderverein Großtrappenschutz e.V. am 17.02.2012 einen offenen Brief  an die zuständigen Ministerien und den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Matthias Platzeck, gesandt. Es folgten intensive Gespräche vor Ort mit der Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburgs, Anita Tack,  sowie hochrangigen Vertretern des Landwirtschaftsministeriums. Sie haben gezeigt, dass es von Seiten der Landesregierung Brandenburgs auch weiterhin keine Aktivitäten geben wird, dem Lebensraumschwund bei den Großtrappen wirkungsvoll zu begegnen. Die Ausweisung von EU-Vogelschutz- (SPA) und Naturschutzgebieten im Trappenlebensraum ist für die Begrenzung des Maisanbaus wirkungslos. In den Schutzgebieten boomt der Mais stärker, als auf Äckern außerhalb. Alles gefördert durch das EEG und die Biogaspolitik des Landes.  Es wird Zeit, das die verantwortlichen Politiker, angesichts der massiven Gefährdung der Artenvielfalt im Agrarraum, die Ziele der Biodiversitätsstrategie  der Bundesregierung, sowie die Verpflichtungen der EU-Vogelschutzrichtlinie und des Naturschutzgesetzes Brandenburgs zur Sicherung der Lebensräume vom Aussterben bedrohter Arten ernst nehmen.

Der Betreiber der Biogasanlage Pessin (Bioenergie GmbH Regensburg), hat dem Förderverein Großtrappenschutz e.V.  eine Beteiligung an den alljährlichen Beratungen mit den involvierten Landwirten über die Anbauplanung im Wintereinstandsgebiet der Trappen zugesagt. Damit lassen sich möglicherweise über eine trappenfreundliche Standortbestimmung der Rapsflächen die Beeinträchtigungen etwas einschränken.

Autor: Dr. Heinz Litzbarski

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